In der Apotheke erhalten wir regelmäßig Fragen zur Fortsetzung einer Cannabistherapie bei Erkältungen oder Grippe, wobei Letztere oft mit Halsschmerzen, Gliederschmerzen, Husten und Fieber einhergehen. Auch die Frage, ob Cannabis gegen Erkältungen hilft, wird immer wieder gestellt. Da es bisher keine klinischen Studien zu diesem Thema gibt, ist eine aus der Praxis abgeleitete Antwort notwendig. Es ist dabei sinnvoll, um zwischen oraler und inhalativer Anwendung zu unterscheiden. Durch die weitreichende Erfahrung unseres Cannabisteams können wir hierzu einige Anhaltspunkte geben.
Wirkung der Cannabinoide
Cannabinoide wirken je nach Krankheitsbild schmerzstillend, krampflösend, beruhigend, angstlösend, schlaffördernd, aber mitunter auch belebend. Für viele Patient:innen ist die Cannabistherapie eine wichtige Maßnahme zur Symptomkontrolle ihrer ernsthaften Erkrankungen und Beschwerden. Deshalb ist es oft notwendig, dass eine Cannabistherapie auch während einer Erkältung oder Grippe fortgeführt werden kann. Grundsätzlich sind Cannabinoide bzw. die Inhaltsstoffe von Cannabisblüten in diesem Fall nicht kontraindiziert, doch es gibt Unterschiede je nach Darreichungsform – oral oder inhalativ.
Orale Anwendung der Cannabistherapie
Bei der oralen Anwendung handelt es sich um Darreichungsformen wie ölige Tropfen, Extrakte oder Mundsprays, die geschluckt oder auf der Wangenschleimhaut verteilt werden. Das Fortsetzen einer oralen Cannabistherapie während einer Erkältung sollte in der Regel keine Probleme geben. Es ist jedoch ratsam, die Dosierung anzupassen, da Menschen mit einer Erkältung oder Grippe oft empfindlicher auf ihre Medikamente reagieren und deren Wirkung daher stärker ausfallen kann. Mit anderen Worten: Patient:innen sollten während einer Erkältung oder Grippe immer die niedrigst wirksame Dosierung verwenden.
Inhalative Anwendung der Cannabistherapie
Anders verhält es sich bei der inhalativen Anwendung von Cannabisblüten. Diese erfolgt durch Rauchen oder über einen Verdampfer (vom Rauchen wird jedoch dringend abgeraten). Beide Methoden können Hustenreiz auslösen und die ohnehin schon gereizten Atemwege und Lungen weiter belasten. In solchen Fällen könnte die Anwendung von Cannabis die allgemeinen Erkältungssymptome verschlimmern, weshalb man die kleinstmögliche Dosierung verwenden sollte, wenn die Cannabistherapie fortgesetzt werden muss. Raucher sollten sich spätestens jetzt überlegen, auf das Verdampfen mit einem zugelassenen Inhalator umzusteigen.
Mögliche Strategie
Patient:innen, die eine inhalative Therapie der Cannabinoide zur Behandlung ihrer Erkrankungen oder Beschwerden verwenden und nun mit einer langwierigen Erkältung oder Grippe zu kämpfen haben, könnten gemeinsam mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin eine orale Therapie erwägen. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Patient:innen eine Genehmigung zur Kostenübernahme für beide Darreichungsformen – oral und inhalativ – haben. Es empfiehlt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob eine Genehmigung für den Wechsel auf die orale Form vorliegt.
Wechselwirkungen
Arzneimittel, die zur Symptomlinderung bei Erkältung, Husten oder Grippe eingesetzt werden, wie Schmerzmittel, Hustensaft, Nasentropfen etc., verursachen in normaler Dosierung – laut Beipackzettel – keine Wechselwirkungen mit einer Cannabistherapie. Fragen Sie aber bitte bei jedem neu verschriebenen Medikament in Ihrer Apotheke nach, damit auf eventuelle Wechselwirkungen kontrolliert werden kann. Dies gilt auch, wenn Sie von der inhalativen auf die orale Cannabisversorgung umsteigen, da es bei der oralen Einnahme eher zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen kommen kann als bei der inhalativen Anwendung. Dies liegt daran, dass bei der inhalativen Darreichung keine nennenswerte Verstoffwechslung in der Leber erfolgt, die den Abbau und die Umwandlung anderer Wirkstoffe beeinflussen könnte.
Zum Abschluss
Jeder Körper reagiert anders, wenn er krank ist – auch auf die gewohnte Behandlung. Daher kann die Kombination von Erkältung, Husten oder Grippe mit einer Cannabistherapie von Person zu Person sehr unterschiedlich ausfallen und damit auch zu unterschiedlichen Maßnahmen führen kann.